Schulleiter Matthias Wocken am 28. Januar 2022
Aktuell scheitert ein Veröffentlichen von Kolumnentexten an Zeit. Das schmerzt sehr, denn es gibt so viele Gedanken, die uns gerade umtreiben, bewegen, ärgern, freuen oder einfach nur beschäftigen. Deshalb heute mitten im Geschehen ran an die Tastatur. Die Themen wollen bewegt werden.
Heute gibt es Zeugnisse! Die ersten Zensuren nach der Lockdownzeit im vergangenen Schuljahr. Ich bin mir sicher, dass diese Noten einige Schüler*innen und ihre Eltern schmerzen (andere aber auch sicherlich erfreuen!). Hier entstehen Unsicherheiten und Sorgen, die vielleicht auf die Tatsache zurückgehen, dass Homeschooling eben doch keine persönlichen Livelernmomente ersetzen kann. Die verlässliche Komponente der Beziehungsebene zwischen Lehrer*in und Schüler*in ist das Entscheidende. Ein Bildschirm bremst die Emotion trotz aller technischer Finesse ganz schön. Außerdem habe ich als Schüler*in meine Peergroup nicht um mich. Ich verlerne Gemeinschaft. Andere Dinge, die sonst während des Schulalltags keine Rolle spielen (können), geraten in den Fokus meines Handelns und Erlebens. Ich kenne nicht wenige Schüler*innen bei uns, die mir nach der Distanzlernphase sagten, dass sie ihr Haustier so sehr vermissen. Das verstehe ich gut. Wenn mir mein Hund während des Arbeitens am Rechner lieb um die Beine wuselte und ich jetzt wieder ohne ihn in der Schule sitze, macht mich das traurig.
Wer sich jetzt als eigentlich interessierte*r Leser*in verwundert über die Banalität dieser Situationsbeschreibung abwendet, die/den fange ich vielleicht mit folgender Beobachtung wieder ein. Ich glaube, man kann Schule verlernen. Ich glaube, man kann Gemeinschaft verlernen. Ich glaube, man kann den Glauben an die Sinnhaftigkeit des schulischen Geschehens verlernen.
Schule hat ihr Selbstverständnis, ihre unabdingbare Zwanghaftigkeit der vergangenen Jahrhunderte eingebüßt. Plötzlich ist der seit ewigen Zeiten fest betonierte Schultag zu einem beliebigen Spielball der Politik geworden. Natürlich wirkt er jetzt wieder eingefangen. Ein erneuter Lockdown der Schulen wird ausgeschlossen. Aber die Gewissheit, dass ein solches Szenario von jetzt auf gleich doch Realität wird, sitzt tief verankert in den Herzen der Menschen. Die Burgmauern der uneinnehmbaren Festung sind eingerissen. Die Geschosse haben freie Flugbahn auf den Bergfried.
Und da wir kirchliche Schule sind, fliegen die Kanonenkugeln gerade gewaltig tief. Das Vertrauen in die Katholische Kirche ist im Mark erschüttert. Oder soll ich schreiben, nicht mehr da? Es tut weh, dass auch dieses weitere feste Fundament im Leben der Menschen immer abgrundtiefere Risse bekommt. Ein gesellschaftlicher Umbruch auf allen Ebenen ist unvermeidlich. Mehr noch, er ist in vollem Gange.
Umgang mit Missbrauch, #outinchurch, finanzielle Sparmaßnahmen, nicht mehr zeitgemäße konkordatliche Vorgaben… Es könnte sich Verzweiflung breitmachen. Aaaaaaaber, nicht mit uns! Dafür haben wir viel zu tolle Menschen in unserer Schulgemeinschaft, einen Schulträger, der ehrlich trägt und ein Selbstverständnis in unseren Überzeugungen, das uns vertrauensvoll jeden Tag Schule machen lässt.
Der Glaube an Gott, das Vertrauen in die Frohe Botschaft, die Gewissheit, dass christliche Werte und Ideen dem Leben aller Menschen eine sichere Basis geben, lässt uns die Halbjahreszeugnisse unter folgender Überschrift verteilen:
Vertrau dir selbst, setze auf deine Stärken, sei fleißig und nutze deine dir geschenkten Talente! Dann findest du dich in Schule ganz sicher wieder ein. Wir haben dich im Blick!
Das Team der TMS begleitet dich weiter auf deinem Weg zum Schulabschluss. Und wenn dazu Momente des Innehaltens, Abbiegens oder Überholens nötig sind, dann durchleben wir sie gemeinsam. Gewöhne dich wieder an die Verlässlichkeit von Schule. Wir sind da!