Schulleiter Matthias Wocken am 5. Juni 2021
Ein langer Tag an der Thomas-Morus-Schule. Alle Tagesaufgaben scheinen erledigt. Auf dem Parkplatz treffe ich noch eine Kollegin und wir quatschen. An uns vorbei gehen ein junger aufgeweckter Schüler und seine Mutter. Sie grüßen freundlich. Der kleine Mann hat Sticks in der Hand, er ist also wahrscheinlich zum Schlagzeugunterricht in unserem Musikraum unterwegs. Soweit.
Nach einigen weiteren Wortwechseln mit der Kollegin steht der Junge plötzlich vor mir und sagt: „Du bist doch der Schulleiter, oder?“. Ich nicke, bin jedoch leicht verwirrt, weil ich gedanklich noch im gerade geführten Gespräch stecke. Schon legt er los: „Ich wollte dir nur eben danke sagen, ich bin nämlich angenommen worden.“ So langsam schalte ich. Ich frage nach seinem Namen, den er bereitwillig nennt und es macht klick. Klar, diesen Jungen haben wir in die neuen fünften Klassen aufgenommen und er muss gerade seine Zusage per Post bekommen haben. Seine Freude über diese Tatsache ist spürbar und auch seine Mutter, die nun auf mich zukommt, macht deutlich, dass ihre Familie froh über den Schulplatz an der Thomas-Morus-Schule ist.
Ich spüre direkt, wie es mir auch nach fünf Jahren an dieser Schule noch schwerfällt, mich uneingeschränkt mitzufreuen. Denn neben den unglaublich vielen Zusagen, die wir in diesem Jahr verschicken konnten, sind es wieder Absagen in kompletter Klassenstärke. Nicht nur, dass uns die vertraglich geregelten Prozentzahlen einer Konkordatsschule drücken, wir könnten auch räumlich gar keine weitere Klasse mehr unterbringen. Unser Schulgebäude ist voll.
Als ich so alt war wie der Schüler, der da vor mir steht, gab es nach der vierten Klasse genau zwei Schulen, die für mich bezirklich infrage kamen: Eine Haupt- und Realschule im Nachbarort oder ein Gymnasium etwas weiter weg. Weder ich noch meine Eltern mussten uns darüber Gedanken machen, welche der vielen weiteren Schulen für mich noch eine Option gewesen wäre. Es gab Schulbezirke und somit war klar, welche Schule für welche Schüler*innen zuständig war.
Wir sind eine Angebotsschule. Wir werden von Schüler*innen und ihren Eltern aus dem gesamten Stadtgebiet und aus dem Landkreis Osnabrück angewählt. Wir sind unendlich dankbar für das Vertrauen, was so viele Eltern und Erziehungsberechtigte unserer Arbeit entgegen bringen. Die Gespräche im Vorfeld, das Schnuppern vor Ort oder das Stöbern auf der Homepage sind übliche Ankerpunkte. Aber auch der Austausch mit Schüler*innen und Eltern unserer Schule sind oft die Motivation, die TMS anzuwählen.
Diese Entscheidungsfindung im Familienrat ist atmosphärisch dicht und die einzelnen Mädchen und Jungen lassen sich zu diesem Zeitpunkt schon auf unsere Schule ein. Sie sind gedanklich bereits hier und stellen sich auf uns ein. Mütter und Väter freuen sich, dass ihr Kind eine Perspektive bastelt und Freude auf die Klasse 5 entwickelt.
Und dann? Lehnt die Wunschschule ab und es muss ein Schulplatz woanders gefunden werden. Das bedeutet Tränen, Unverständnis und in manchen Fällen auch Wut. Dieser schmerzhafte Prozess tut niemandem gut und er widerspricht komplett meiner Vorstellung von einem guten Miteinander im Erwachsenwerden unserer Kinder. Dieses Vorgehen schmerzt und widerstrebt. Dennoch gehört es zu unserem Alltag.
Lieber junger Schlagzeuger, ich bin total froh, dass du dich auf deine neue Schule freust. Herzlich willkommen!
Liebe Schülerinnen und Schüler, die wir in diesem Durchgang nicht aufnehmen konnten. Ich wünsche euch aus tiefstem Herzen einen guten Platz an einer anderen Schule, die euch mit Freude durch die nächsten Schuljahre begleitet und eine ebenso gute Lebensperspektive bastelt, wie wir es ehrlich gerne getan hätten.