Schulleiter Matthias Wocken im Juni 2024

Zum 1. August 2024 verlasse ich die Thomas-Morus-Schule, um beruflich zu neuen Ufern aufzubrechen. Ein Schritt, der wohlüberlegt, aber unglaublich schwer ist.

Weil wir als Schulgemeinschaft immer transparent und offen miteinander umgegangen sind, ist es nicht mehr als fair, dass ich hier eine letzte Kolumne schreibe, die Einblick in meine Gedanken gibt – immer dann, wenn es der Schulalltag bis zu den Sommerferien zulässt.

Der französische Philosoph Michel de Montaigne stellte fest: “Beim Abschied wird die Zuneigung zu den Sachen [ich ergänze: auch zu den Menschen], die uns lieb sind, immer ein wenig wärmer.”

Auf meine Schulgemeinschaftsmail vom 31. Mai antwortete mir ein Sechstklässler: “Sie waren der beste Schulleiter, den ich kannte.” 🙂 Herrlich, oder? Total aus dem Herzen in einer typischen “Schülerformulierung”, die ich ab August schmerzlich vermissen werde. Das ist sicher!

Sicher ist auch, dass all die Dinge der TMS, die aktuell viel viel Kraft fordern, mir in der kommenden Zeit zu glorreichen Momenten der Vergangenheit werden. Die Erinnerungen an meine Schulen vor der jetzigen sind geprägt von einzigartig schönen Gedanken, die jegliche Anstrengung oder gar schmerzhafte Erfahrung überstrahlen. Unser Gehirn funktioniert da einfach großartig. Klasse, dass wir Menschen so ticken.

“Wer jede Entscheidung zu schwer nimmt, kommt zu keiner” (Harold MacMillan, ehemaliger Premierminister Großbritanniens). Das heißt: Handeln, oder? In diesem Grundsatz bewegen wir uns in der schulischen Qualitätsentwicklung der TMS seit Jahren. Und ich nehme für mich in Anspruch, dass es anders auch nicht geht. Manche Prozesse und Projekte brauchen Zeit, aber keinesfalls Stillstand. Wir kommen  schließlich auf den Anstoß zu ihnen allein durch Wahrnehmung der Notwendigkeit. Ergo braucht es Entscheidungen.

Und wenn dann die Entscheidung reift, dass die eigene Kraft auch an anderer Stelle Sinn macht, kommt der “Moment des Gehens”. “Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren” (André Gide, französischer Schriftsteller). Für die “Küste TMS” heißt das allerdings nur, dass ich sie fortan mit “20 weiteren Küsten” teile. 21 Schulen trägt die Schulstiftung im Bistum Osnabrück, für die ich zum neuen Schuljahr als Schulrat arbeiten werde. 

Fensterbild aus dem Büro meines Vaters

Ich meine, dass “Schulrat” diesen Job tatsächlich besser beschreibt, als der (mittlerweile) staatliche Begriff “Schulfachlicher Dezernent”. Früher gab es allgemein lediglich die Bezeichnung “Schulrat” und jede:r in Schule wusste, dass es dort neben “Rat” schwerpunktmäßig die “Beurteilung” gab. Für die würde ich den Schritt nicht gehen (auch wenn sie zweifelsohne dazu gehört). Für das gemeinsame “Beratschlagen”, was in Schulentwicklung geht, jedoch gerne. Daneben werden mich die Schwerpunkte “Schul- und Hochschulpastoral” begleiten. Also das, was ich an unserer Schule immer als “zentrale Kür” empfunden habe. Pastorale Arbeit macht uns als katholische Schule aus. Schüler:innen mit pastoralem Blick wahrzunehmen, bietet ihnen das “Mehr” im Gegensatz zur Norminstitution. Ganzheitliches, universales Betrachten ist katholisch. Die Talente eines Menschen zu sehen und nicht seine Schwächen mühsam herauszuarbeiten, macht für mich den Christen aus. Ich mag es, in meinem Gegenüber kompromisslos das Schöne zu sehen. Auch unsere eigene “Schönheit” als Schule zu erkennen, ist mir für alle ein Anliegen. Aus dem Blickwinkel der Probleme zu schauen, ist für uns alle sehr leicht. Sich die Mühe zu machen, das Gelingende herauszuarbeiten, ist das Pfund, was unseren Alltag prägen muss.

Der Ansatz für die Relevanz, für die Daseinsberechtigung katholischer Schule kommt von außerhalb, von jenseits unserer Institution. Sie kommt aus dem großen Geheimnis, was Gott für uns ist. Wir wollen den Menschen aufrichten, ihn groß und frei machen. Wir wollen ihm vermitteln, sich zu trauen, nach vorne zu schauen. Dem Gegenüber in die Augen zu schauen, Horizont zu sehen und zuzulassen, ist unsere Passion. Bestenfalls schaffen wir es, dass sich Schülerinnen und Schüler zwischen Himmel und Erde ausstrecken. Sie dürfen mit Bodenhaftung lustvoll träumen. Bei uns kann Persönlichkeitsentwicklung mit dem Hintergrund tiefen Glaubens gelingen.

Aber eben auch manchmal nicht… Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft nicht selten der Alltag. In verschiedenen zwischenmenschlichen Belangen hakt es. Manchmal stimmt die Chemie nicht. Nicht jede:r geht anständig mit ihrem/seinen Gegenüber um. Kurz: Es menschelt auch gewaltig in unserem System. Hier hat die tradierte TMS-Regel Bestand: Weggucken gilt nicht!

Diese Regel gilt aber für die ganze Schulgemeinschaft und sollte sich an unserem Konzept orientieren. Ab und zu macht es den Eindruck, dass sich Schüler:innen und Lehrer:innen am Konzept orientieren müssen und eher ferner stehende Teile innerhalb der Schulgemeinschaft nicht. Das widerspricht der Idee zu dieser Regelung komplett. Gerade Eltern und Erziehungsberechtigten ist hier ein Handlungsleitfaden an die Hand gegeben, der gute Klärung herbeiführen kann. Vielleicht schafft es mein:e Nachfolger:in, an dieser Stelle noch mehr Sicherheit zu etablieren.

“Menschen mit einer neuen Idee gelten solange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat” (Mark Twain).

@tms-Inhalte (Schulentwicklungsideen) mögen zunächst auch mal für Spinnen gehalten werden. Aber genau dieser Vorgang macht das Entstehen guter Ideen aus. Gemeinsam spinnen.

Wir haben uns in der TMS auf Effekte geeinigt, die wir durch neue Ideen zum Ausbringen von Unterricht erreichen wollen. So testen aktuell gerade die siebten Klassen unsere Idee des “Modularen Lernens”. Wie selbstverständlich erklärte mir ein Schüler, den ich vor einigen Tagen in unserem Lichthof ansprach, dass er gerade in der selbstständigen Lernzeit sei. Ich war erstaunt, wie schnell die Schüler:innen in der Lage waren, mir zu erklären, worum es in der gewählten Form des Lernens geht. Entscheidend ist, dass wir sie mit unseren Ideen berühren. Wenn wir durch unsere Beziehung zu ihnen das Lerner:innenherz erreichen, geht was – so wie seit Schüler:innengedenken immer was ging. Es war früher, entgegen des gebetsmühlenartigen Wiederholens dieses vermeintlichen Facts, nicht besser – sondern genauso gut 🙂

…to be continued

“Ein Wort, das von Herzen kommt, macht dich drei Winter warm” (aus China).

So sieht’s aus! Und wenn dann am 7. Juni die ganze Schüler:innen- und Lehrer:innenschaft in der Sporthalle auf einen wartet, um warme Worte und tolle Darbietungen zu bieten, ist das definitiv was für die nächsten drei, nein vier Winter. DANKE der ganzen Schulgemeinschaft für diesen Moment und die damit verbundenen Mühen. Ich weiß sehr genau, was für einen Orgaaufwand ich am ohnehin vollen Schuljahresende zusätzlich verursache.

…to be continued