Wir, 10 Lehrerinnen und Lehrer der Thomas Morus Schule, machten uns am Mittwochnachmittag (10.04.)  nach Schulschluss auf den Weg nach Hamburg, mit dem Ziel am Donnerstagmorgen in der Max-Brauer-Schule zu hospitieren. Am frühen Abend kamen wir in unserem Hotel der „Superbude“ an. Und die „Superbude“ war wirklich super! Ob der Kühlschrank mit kalten Getränken auf der Dachterrasse oder eine Candybar zur Selbstbedienung, ließen uns, positiv überrascht von diesem Vertrauen, einen entspannten Abend einläuten. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass das Motto Vertrauen und Zutrauen uns am nächsten Morgen als gelebtes Fundament an der Max-Brauer-Schule wieder begegnen würde.

Die Max-Brauer-Schule in Ottensen, einem Stadtteil des Bezirks Altona ist eine Gemeinschaftsschule mit den Klassen 1 bis 4 und Vorschule sowie den Klassen 5 bis 10 und der Oberstufe, den Klassen 11 bis 13. Es gibt zwei Standorte, die nah beieinander liegen und insgesamt 1500 Schülerinnen und Schüler umfasst. Ein multiprofessionelles Team aus 170 Lehrer:innen, Förderschullehrer:innen, Erzieher;innen, Meister:innen im Handwerk, Referendar:innen und  Sozialpädagog:innen begleitet die Schüler:innen auf ihrem Weg. Der Tag aller Schüler:innen an der Max-Brauer-Schule besteht aus 3 Säulen: Lernbüro, Projektunterricht und Werkstattunterricht. In den Lernbüros arbeiten die Schüler:innen selbstständig und eigenverantwortlich, in ihrem eigenen individuellen Tempo an den Inhalten der Fächer in Mathe, Deutsch und Englisch. Zugrunde liegt immer ein Kompetenzraster „Was sollte ich können…“  und eine Checkliste „Wie trainiere und erreiche ich diese Kompetenz…“. Der Projektunterricht umfasst die Fächer Gesellschafts- und  Naturwissenschaften,  Religion und anteilig Kunst, Musik Arbeitslehre, Deutsch und Mathematik. Diese Projekte reichen von einer selbstentwickelten Forscherfrage bis hinzu enger gefassten Projekten mit Materialpaketen und vorgegebener Methode. Den Werkstattunterricht haben wir leider nicht live sehen können, aber Herr Hagener, der Schulleiter der Max-Brauer-Schule berichtete, dass der Werkstattunterricht klassenübergreifend, sehr handlungsorientiert und interessengeleitet angelegt sei.

Die Hospitation begann am Donnerstagmorgen um 08:00 Uhr im Hauptgebäude der Max-Brauer-Schule mit einer gemeinsamen Vorstellungsrunde der anwesenden Schulen. Danach nahm sich Herr Hagener eine Stunde Zeit, um uns das Konzept der Max-Brauer-Schule vorzustellen. Im Anschluss ordneten wir uns in Zweier- und Dreierteams zwei Hospitationsblöcken zu. Wir machten uns auf den Weg die richtigen Klassen, auf dem großen Schulgelände mit den zwei Standorten, zu finden. Wir konnten schnell eine vertraute, zugewandte und wertschätzende Atmosphäre wahrnehmen. Die bestehende Klassenstruktur von maximal 23 Schüler:innen bleibt von Klasse 5 bis 10 konstant, genauso wie das Lehrer:innenteam, wenn möglich. Vertrauen und Zutrauen sind die Basis jeden Denkens und Handelns und bedürfen oft des Aushaltens, so schilderte es ein Lehrer in einer sechsten Klasse. Dieses Aushalten und immer wieder Vertrauen schenken, konnten wir in einer achten Klasse nachspüren. Der Umgang miteinander während des selbstorganisierten Klassenrats war unglaublich selbstständig, ehrlich, offen und wertschätzend. Am Mittag kamen wir nach live erlebten Eindrücken zur gemeinsamen Reflexion wieder alle zusammen. Herr Hagener berichtete auf Nachfrage sehr anschaulich von dem Entwicklungsprozess der Max-Brauer-Schule, der bereits vor 20 Jahren mit einer „Traumgruppe“ begann. Mit vielen Eindrücken, Ideen, Anregungen und Gedanken machten wir uns am frühen Nachmittag wieder auf den Heimweg nach Osnabrück.

Beeindruckend fand ich, dass die Lehrer:innen den Schüler:innen scheinbar problemlos vertrauten. Auch die Art und Weise wie die Lehrer:innen ihre Rolle als Lernbegleiter wahrgenommen haben, fand ich inspirierend. Ebenso war die gelassene und entspannte Atmosphäre unter den Schüler:innen toll.

 

Besonders beeindruckend fand ich die Selbstständigkeit und die gegenseitige Akzeptanz der Schüler:innen untereinander. Inspirierend war für mich die Stärkung der Beziehungen zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen durch die lange Klassenleitung von Klasse 5 bis 10, sowie das Langzeitprojekt in Jahrgang 8. Die Beziehung als Grundlage für Gutes Lernen war spürbar! Insbesondere der Übergang von Jahrgang 7 zu Jahrgang 8 ist so schwierig für unsere Jugendlichen, warum gerade dann ein Lehrer:innenwechsel?  Nicht zuletzt gefiel mir, dass es erst ab Jahrgang 9 Noten gibt und damit die Wertschätzung/ Reflexion aller Leistungen über andere Arten der Rückmeldung positiv erlebt und gelebt wird.

Mir ist positiv aufgefallen, dass die Schüler:innen sich untereinander gegenseitig unterstützen und motivieren, beziehungsweise Tipps zur Bearbeitung der Aufgaben geben. Auch das selbstständige Arbeiten und das Wissen, wo sich die Schüler:innen Hilfe holen können, hat mir besonders gut gefallen. Außerdem fand ich das Langzeitprojekt in Klasse 8 beeindruckend.

 

Mir bleibt positiv in Erinnerung, dass die Schüler:innen den Klassenrat so selbstständig leiten und sich aufmerksam zuhören. Auch die selbstständige Organisation des Englischprojektes zu Romeo und Julia in Jahrgang 8 fand ich toll.

 

Der Klassenrat in den fünften Klassen hat mich sehr beeindruckt, die Selbstverständlichkeit mit der schon die 10 bis 11 Jahre alten Schüler:innen unter Einhaltung der Gesprächsregel miteinander kommuniziert haben.

 

Der erste Eindruck vom Projektunterricht war super und die vielfältigen Möglichkeiten, die er bieten kann – thematisch und methodisch und vor allem bezogen auf die Motivation. Auch die konsequente Vermittlung von Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit in allen 3 Säulen fand ich sehr spannend. Die Beibehaltung des Klassenkonzeptes trotz der geöffneten Unterrichtsformen war aus meiner Sicht sehr gewinnbringend.

 

Mir hat insbesondere die Arbeit im Projektunterricht gut gefallen. Besonders gut finde ich, dass es fest definierte Zeiten für die fächerübergreifenden Projekte gibt. Die Festlegung auf maximal 6 Projekte pro Schuljahr gibt dem Ganzen eine gute und verlässliche Struktur. Die komplette Eigenorganisation für das Langzeitprojekt hat mir sehr imponiert. Das stärkt den Klassenteamgeist und kann auch motivierend auf jeden Einzelnen wirken. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Klassengemeinschaft davon nachhaltig profitiert.

 

Für mich war am interessantesten der Vergleich zur Hospitation im Schulzentrum Lohne. Besonders bezogen auf die Gegenpole: analog versus digital, Betonung der Klassenstruktur versus sukzessives Ablösen einer Klassenstruktur.